

Aufgabe der Studierenden war es, die räumlichen Bedürfnisse der Bewohner_innen mit unterschiedlichen Zugängen und Methoden auszuloten, sie von Beginn an aktiv ins Geschehen miteinzubeziehen, Gestaltungsvorschläge gemeinsam mit ihnen auszuarbeiten und diese dann in Coworking-Prozessen auch tatsächlich zu verwirklichen. Um eine gute und vertrauensvolle Arbeitsbasis zu schaffen, war ein gegenseitiges Kennenlernen notwendig. Deshalb wurde gleich zu Beginn, in der ersten Projektwoche, ein „Welcome Dinner“ organisiert. Dafür wurden Teams mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen gebildet: Ein Team kümmerte sich gemeinsam mit Bewohner_innen darum, den Speisesaal umzugestalten. Denn die vorhandene Ausstattung, Reihen von Tischen und Sesseln, hätten weder genug Platz für alle geboten, noch ein ungezwungenes Kennenlernen in gemütlicher Atmosphäre ermöglicht. Also galt es zunächst, ein adäquates räumliches Konzept für das interkulturelle „Welcome Dinner“ zu entwickeln. Eine ebenso einfache wie naheliegende Lösung war es, den Raum leer zu räumen und einen Großteil des Bodens mit bunt bezogenen Matratzen und Pölstern auszulegen. Manche Bewohner_innen brachten Pflanzen, Dekorationsgegenstände und Lampen aus ihren Zimmern, um eine stimmungsvolle Atmosphäre zu schaffen. Ein Team organisierte das gemeinsame Kochen, und unter reger Beteiligung der Bewohner_innen entstand ein Buffet, das mit einem kulinarischen Mix aus unterschiedlichsten Nationalgerichten üppig bestückt war. Ein anderes Team bereitete Umfragebögen vor, um beim informellen Zusammensitzen und in gemeinsamen Gesprächen, teils in Zeichen- und Gebärdensprache, die Vorstellungen und räumlichen Bedürfnisse der Bewohner_innen abzufragen. Diese individuellen Wünsche und Vorschläge zur Neugestaltung des Quartiers wurden in einer „Ideen-Box“ gesammelt und später von den Studierenden ausgewertet. Über spielerische Aktivitäten, die ein weiteres Team vorbereitet hatte, konnten die besonderen Interessenslagen der Anwesenden erkundet werden, und bereits an diesem Abend fanden sich die ersten Arbeitsgruppen zusammen.
Im Rahmen von wöchentlichen Stadtspaziergängen erkundeten Studierende und Geflüchtete gemeinsam die Umgebung. Diese Stadtspaziergänge waren eine niederschwellige Methode, um sich noch besser kennen zu lernen und sich über Raumnutzung und -wahrnehmung im öffentlichen Raum auszutauschen. In einer ersten Coworking-Aktion wurde an die Wand des Speisesaals, der die zentrale Anlaufstelle und der größte Gemeinschaftsraum im Haus war, ein riesiger Stadtplan gemalt. So konnten die gemeinsam erkundeten Wege, die damit verbundenen Eindrücke und Erlebnisse visuell festgehalten und die bei diesen Spaziergängen gewonnen Erkenntnisse mit allen geteilt werden.
Da es kein Projektbudget gab oder sonstige Fördermittel zur Verfügung standen, galt es auch hier, kreativ zu sein: Um Geld für die geplanten Gestaltungsmaßnahmen zu lukrieren, organisierten die Lehrveranstaltungsteilnehmer_innen gemeinsam Geflüchteten auch einen Bar-Abend in der „Fachschaft Architektur“, die im Hauptgebäude der TU Wien am Karlsplatz über Räume verfügt und auch den Hofbereich nutzen kann. Selbst zubereitetes „Fusion-Essen“ und Getränke wurden gegen eine freiwillige Spende angeboten, und so konnte bei angenehmem Wetter nicht nur gemeinsam bis in die späte Nacht gefeiert, sondern auch genügend Geld für die Projektrealisierung im Haus „NordWestBahn“ gesammelt werden.
„Eines der wichtigsten Dinge, die wir im Haus gemacht haben, war für mich das Welcome Dinner. Ein gemeinsamer Abend mit den Bewohner_innen mit Essen und Musik. Wir haben den Speiseraum umgestaltet, den Fußboden mit Matratzen ausgelegt und eine wirklich schöne Atmosphäre geschaffen, bei der wir die Bewohner_innen kennenlernen konnten, das war der Moment, vor dem an ich das Gefühl hatte, dort auch irgendwie hinzugehören. (Miriam Kühler, Projektbericht, DISPLACED | Bildungsraum Stadt, Wintersemester 2016/17)
„Dieser Abend [Anm. Welcome-Dinner] war meiner Meinung nach einer der ersten Anstoßpunkte für die Bewohner_innen, aktiv an dem Projekt teilzunehmen und kleine Arbeitsgruppen, die miteinander anpackten, entstanden.“ (Katja Kreitner, Projektbericht, DISPLACED | Bildungsraum Stadt, Wintersemester 2016/17)
„Im Laufe des Abends schwand die anfängliche Distanz und ich führte die ersten wirklich über Floskeln herausgehenden Gespräche. Insbesondere mit Ashraf und Omar verstand ich mit sofort sehr gut. Nachdem das Eis einmal gebrochen war, fiel es mir auch deutlich leichter, auf andere Bewohner_innen zuzugehen: Was davor eine unbekannte Gruppe war, wurde dann zu einzelnen Personen, Namen und Geschichten.“ (Gunnar Grandel, Projektbericht, DISPLACED | Bildungsraum Stadt, Wintersemester 2016/17)
„Die Aufgabenfelder reichten von handwerklichen Aufgaben, über soziale Aktivitäten mit den Bewohner_innen bis zu Verknüpfungen der Flüchtlingsunterkunft mit der Nachbarschaft. So wurde versucht, bei mehreren Stadt-Spaziergängen auf Besonderheiten des Stadtteiles aufmerksam zu machen und diese mit den Strukturen des Flüchtlingsheims zu verknüpfen.“ (Eva Sittenauer, Projektbericht, DISPLACED | Bildungsraum Stadt, Wintersemester 2016/17)