

OPENmarx ist in erster Linie für die Sommernutzung konzipiert und in der kalten Jahreszeit sind die Bedingungen wirklich hart (kein Fließwasser, keine permanente Heizmöglichkeit, keine gedämmten Räume, …). Dennoch entschloss sich Karin Harather einmal mehr, die Kontinuität des DISPLACED-Geschehens auch in diesem Wintersemester mit der Durchführung des Künstlerischen Projekts DISPLACED. Räume im Hier und Jetzt am Standort OPENmarx aufrecht zu erhalten (Tutorin: Svenja Schulmeister). Einerseits gab es nach wie vor großes Interesse seitens der Studierenden und andererseits gab es nach wie vor viele Asylsuchende, für die das fortlaufende Projektgeschehen als sinngebende Beschäftigung und integrative Kontaktmöglichkeit essenziell war und die ohne den wöchentlichen OPENmarx-Fixpunkt vermutlich noch verzweifelter und hoffnungsloser sein würden.
Das zunächst schöne und sonnige Herbstwetter wurde genutzt, um über die erste Aufgabenstellung gleich ins handwerklich geprägte Co-working zu starten: Je zwei Studierende sollten sich mit ein bis zwei Asylsuchenden zusammentun und für ein gemeinsames Seifenkistenrennen Gefährte aus den vor Ort vorhandenen Materialien bauen. An zwei Lehrveranstaltungs-Nachmittagen entstanden fünf fantasievolle Seifenkisten, mit denen rund um das Stadtlabor auf Bestzeit gefahren wurde und auf einem abschüssigen ehemaligen Zufahrtsweg das beste Rollverhalten ermittelt und die ohne Treten oder Anschieben zurückgelegte weiteste Distanz prämiert wurde.
Und mit Beginn des Wintersemesters starteten auch die „OPENdinner-Abende“: Jeden Donnerstag-Abend setzte eines der Lehrveranstaltungs-Teams einen anderen länderspezifisch-kulinarischen Schwerpunkt, indem es landestypische Lieblingsgerichte für alle kochte. Auch Gäste waren herzlich willkommen und konnten sich an den im Anschluss stattfindenden Jamsessions von Music.DISPLACED beteiligen. Im Fokus der Lehrveranstaltung standen diesmal die schwierigen Winterbedingungen vor Ort, mögliche Lowest-Budget-Verbesserungen und sozialräumliche Recherchen dazu.
Team 1 entwickelten gemeinsam mit Mustafa, dem Verantwortlichen der Fahrradwerkstatt vor Ort, neue Aufbewahrungs- und Sortiersysteme für die Ersatzteile der Fahrradwerkstatt und brachten vor dem OPENrepair-Container eine Fahrradhalterung an, die das Reparieren der Fahrräder erleichtert. Auch wurden Systeme für die freie und doch einigermaßen diebstahlsichere Verfügbarkeit von einfachen Werkzeugen im Außenbereich der Fahrradwerkstatt konzipiert und modellhaft umgesetzt.
Team 2 beschäftigte sich mit Überdachungsmöglichkeiten des Außenbereichs, sowohl rund um die Fahrradwerkstatt als auch vor der Holzwerkstatt. Denn die Werkstattcontainer bieten im Inneren wenig Platz für Gruppenarbeiten und daher war ein Witterungsschutz für die fix installierten Tische am Werkstattvorplatz naheliegend.
Team 3 konzentrierte sich auf die bessere räumliche Einbindung des Lehmofens im Bereich der OPENkitchen und entwarf vis-á-vis der langen Tafel, direkt an der Mauer zum OPENgarden, eine weitere Sitzgelegenheit, die zum Verweilen in der Nähe des Lehmofens einladen sollte. Dazu wurde der Boden geebnet und teils betoniert, darauf stützende Auflager aus Ziegeln gemauert und eine durchlaufende hölzerne Rücken- und Sitzfläche montiert.
Team 4 machte es sich in diesem Semester zur Aufgabe, verschiedene räumliche Nutzungsvarianten für den Nebenraum im Mobilen Stadtlabor (der leider immer wieder zur „Rumpelkammer“ verkam) durchzuspielen und Möglichkeiten zu testen, den großen Raum „winterfester“ zu machen. Eine ebenso einfache wie nachhaltige Maßnahme war die Montage einer Vorhangschiene und eines Thermovorhangs an der Glasfront des Mobilen Stadtlabors. Als farbiger Akzent schützt dieser nicht nur vor Kälte im Winter und vor Sonne im Sommer, sondern auch vor unerwünschten Einblicken. Daneben unterstützte dieses Team auch die Aktivitäten der Frauengruppe, die von Carla Schwaderer im Rahmen ihrer Diplomarbeit initiiert und federführend betreut wurde. (Link zur Diplomarbeit) Da sich in den vorangegangenen Semestern gezeigt hatte, dass asylsuchende Frauen kaum an den Coworking-Prozessen teilnahmen, lud sie nun jeden Mittwochnachmittag zum „Frauentag“ in die OPENmarx-Räumlichkeiten ein: Es wurde gebastelt, gekocht, geredet, gelacht u. v. m. Über das gemeinsame Tun, zunächst nur unter Frauen, wurden diese schnell mit dem Ort und mit den Gepflogenheiten vertraut, legten teils ihre Kopftücher ab, und zunehmend wurde es für einige Frauen selbstverständlich, auch bei den Donnerstags-Aktivitäten und in gemischtgeschlechtlichen Gruppen mit dabei zu sein. Ein erster großer Erfolg war beispielsweise das gemeinsame Bemalen und Bedrucken von Stofftaschen, die Ende November auf dem Wintermarkt der Akademie der Bildenden Künste gegen freiwillige Spenden an einem gemeinsamen Stand verkauft wurden.
Team 5 plante einen „Korsi“ für den im vorangegangen Sommersemester neu gestalteten Außenpavillon. Eine Studentin dieses Projektteams stammt aus dem Iran und sie war überzeugt, dass der „Korsi“, eine im iranischen Kulturkreis verbreiteten Heizmöglichkeit, eine ideale Möglichkeit wäre, den Pavillon auch im Winter zu nutzen. So wurde nach ersten Aufmaß- und Planungsarbeiten zunächst eine Ausnehmung in die bestehende hölzerne Bodenplatte geschnitten und ein kleiner „Schacht“ aus Ziegeln gemauert. Da hinein konnte ein Becken mit glühenden Kohlen gestellt werden und darüber ein in passender Größe zu den vorhandenen Sitzbänken angefertigter, niedriger Tisch. Und – am allerwichtigsten – über den Tisch wurde eine riesige, zuvor aus bunten Stoffresten doppelseitig genähte und warm gefütterte Patchwork-Decke gelegt, so dass alle Rundumsitzenden ihre Beine darunter stecken und sich schön warmhalten konnten.
„Wir waren überrascht über das rege Leben und die starke Gruppe an Menschen und Freunden, die hier ein gemeinsames Ziel verfolgen.“ (Hannes Bösch und Nikolai Nikolov, Projektbericht, LVA Künstlerisches Projekt DISPLACED. Räume im Hier und Jetzt, Wintersemester 2018/19)